
Am 23.4.2023 trat die Kabarettistin Lisa Fitz im Theater Itzehoe auf. Lisa Fitz vertritt verschwörungsideologische Positionen, die in der Nähe des Antisemitismus stehen. Zusammen mit dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Jungen Union Steinburg, der Grünen Jugend Steinburg und Bündnis 90/ Die Grünen Steinburg haben wir folgendes Statement verfasst, dass unsere Haltung zu Lisa Fitz und dem Auftritt zum Ausdruck bringt. Es wurde in dieser Form vor dem Auftritt am 23.4. in den sozialen Medien verbreitet:
„Antisemitismus und Verschwörungsideologien keine Bühne bieten! Trotz unterschiedlichster Berichtserstattungen hat sich das Theater in Itzehoe dazu entschieden, der Kabarettistin und Schauspielerin Lisa Fitz eine Auftrittsmöglichkeit zu geben. In dem Lied „Ich sehe was, was
du nicht siehst“ werden antisemitische Verschwörungsmythen bedient, beispielsweise über Vorstellungen eines deep states und der Kontrolle durch verschiedene „Rothschilds, Rockefeller, Soros & Consorten“. Eine Distanzierung von Personen in der verschwörungsideologischen Szene sucht man vergeblich, so gab sie Heiko Schrang mehrere Interviews, ließ ein Grußwort für Ken Jebsen verlesen oder äußerte Bewunderung für Daniele Ganser. Einige Falschbehauptungen werden von Lisa Fitz weiterverbreitet, seien es angebliche 5000 Impftote in Europa, die Lüge über die Herkunft des Wortes Verschwörungstheorie als angebliches Machtinstrument der CIA oder auch die Implementierung von Chips in Menschen zur kompletten Überwachung. Auf die folgende Kritik, die Fitz über die Jahre immer begleitet, reagiert sie mit Strohmann–Argumenten oder mit geschichtsrevisionistischen Versuchen, in denen sie sich als Opfer darstellen möchte. So scheint für sie die Kritik an ihren Ausführungen eine ähnliche Situation zu sein wie der Boykott jüdischer Geschäfte während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Die Kunstfreiheit ist eines der am stärksten geschützten Grundrechte im Grundgesetz. Es ist ein sehr hohes Gut, was es zu schützen gilt. Die Grenzen fangen dort an, wo andere Grundrechte bedroht werden. Aussagen, die antisemitische oder rassistische Ressentiments reproduzieren, werden dadurch nicht geschützt. Deshalb fordern wir die Veranstalter und Beteiligten dazu auf, wie bereits in Vergangenheit bei Roger Waters und Daniele Ganser gefordert, die Veranstaltung abzusagen.“
Am 1. Juli beschloss das Parlament des US-Bundesstaates Mississippi, die Flagge der ehemaligen Südstaaten, die sich für die Erhaltung der Sklaverei von den USA abspalten wollten, nach 126 Jahren aus der Flagge des Staates zu entfernen. Am selben Tag wurde in Richmond, Virginia, eine überlebensgroße Statue des ehemaligen Südstaatengenerals Thomas Jackson abgerissen. Bereits einen Monat zuvor hatte die belgische Stadt Antwerpen ein Denkmal für König Leopold II. von Belgien, unter dessen Schreckensregime um 1900 bis zu 10 Millionen Menschen in der belgischen Kolonie Kongo starben, vom Sockel geholt.
Dies- und jenseits des Atlantiks ist seit dem grausamen Mord an dem Afroamerikaner George Floyd eine Debatte darum entbrannt, wie mit solchen verherrlichenden Zeugnissen einer grausamen Vergangenheit umzugehen ist. Das Bewusstsein dafür, dass es nicht richtig sein kann, Personen, die schwerste Verbrechen begangen haben, mit Statuen, Straßennamen und ähnlichem zu ehren, wächst.
In unserer Kreishauptstadt Itzehoe finden sich viele Straßen, die nach Menschen benannt sind, die in der Vergangenheit Großes geleistet haben. Darunter befinden sich demokratische Politiker wie Friedrich Ebert ebenso wie Künstler wie Wenzel Hablik, um nur einige zu nennen. Mitten in Itzehoe aber gibt es eine Straße, deren Namenspate ganz sicher nicht in diese Kategorie fällt, sondern der sich wenigstens ebenso schwerer Menschheitsverbrechen schuldig gemacht hat wie Leopold von Belgien oder sklavenhaltende Südstaatengeneräle. Die Rede ist von der Hindenburgstraße.
Paul von Hindenburg war es, der als Reichspräsident Adolf Hitler am 30.1.1933 zum Reichskanzler ernannte und damit die 12 Jahre der Herrschaft des Unrechts einläutete. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 erließ er, gestützt auf seine Notstandsvollmacht, die Verordnung, mit der die Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt wurden und stieß das Tor zur Gewalt- und Willkürherrschaft der Nazis endgültig auf. Einen Monat später unterschrieb er das Ermächtigungsgesetz und sicherte Hitler die absolute Herrschaft auf Dauer. Bis zu seinem Tod im August 1934, über eineinhalb Jahre lang, war Hindenburg das Staatsoberhaupt des Dritten Reiches. Was der NS-Staat bis dahin tat – Folter, Morde, antisemitische Gesetzgebung – geschah in seinem Namen.
Hat diese Person, einer der schlimmsten Verbrecher der deutschen Geschichte, es verdient, dass eine Straße tagtäglich ehrend an ihn erinnert?
Wir, ein Bündnis aus mehreren Verbänden und Organisationen der Itzehoer und Steinburger Jugend, finden: Nein. Deshalb rufen wir dazu auf, einen Prozess einzuleiten, an dessen Ende eine Umbenennung der Straße stehen soll. Was im Moment fast weltweit passiert, muss uns endlich die Augen dafür öffnen, dass wir Menschen wie Hindenburg nicht mehr wie Helden behandeln dürfen.
Wir regen an, dass die Straße stattdessen nach Käthe Riechers benannt werden soll, die in Itzehoe nach dem Zweiten Weltkrieg die AWO federführend wieder aufgebaut hat. Der Ehre mehr wert als Hindenburg ist sie ganz sicher.
Jusos Steinburg – Grüne Jugend Steinburg – Jugendparlament Itzehoe
Am 30.11.2018 wurde in Frankreich von der Nationalversammlung ein Gesetz beschlossen, das Gewalt in der Erziehung verhindern soll.
Man könnte das als Grund zum Feiern nehmen, schließlich besteht damit auch in Frankreich, als einem der letzten europäischen Länder, eine Basis, die Gewalt in der Erziehung reduzieren kann.
Und ja, dies sollte man feiern. Gewalt in der Erziehung, die sog. „Erziehungsgewalt“ ist ein Unwort, denn Gewalt kann nie der Erziehung dienen. „Unter Erziehung versteht man die pädagogische Einflussnahme auf die Entwicklung und das Verhalten Heranwachsender. Dabei beinhaltet der Begriff sowohl den Prozess als auch das Resultat dieser Einflussnahme.“ (Wolfgang Brezinka). Doch wo Gewalt beginnt, endet die Pädagogik. Gewalt in der Kindheit führt nachweislich zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft des Kindes im Erwachsenenalter, außerdem wird diese „Erziehung“ oft an die eigenen Kinder weitergegeben.
In Frankreich wurde das Gesetz zwar in der Nationalversammlung beschlossen, doch dies bedeutet noch lange nicht, dass auch eine Mehrheit der Franzosen dahintersteht. Im Gegenteil: Umfragen zufolge sind 70% der Franzosen gegen einen „Eingriff des Staates in das Familienleben“.
Bleiben wir mal bei Zahlen. In Deutschland gilt das Recht auf gewaltfreie Erziehung seit dem Jahr 2000. 1996 sagten noch 82% der Eltern, sie würden ihr Kind mit Schlägen bestrafen, 2001 waren es „nur“ noch 76%. Eine Studie 2016 ergab, dass jeder fünfte Deutsche eine „leichte Ohrfeige“ als Maßregelung des Kindes in Ordnung findet.
Diese Zahlen decken sich mit Erfahrungen aus meiner täglichen Arbeit in der Kinderkrankenpflege. Eine Arbeitskollegin erzählte mir geschockt von Erlebnissen ihres Sohnes in der Schule. Dieses hatte im Unterricht ein Referat über das Thema Kinderrechte gehalten und war dabei besonders darauf eingegangen, dass Gewalt gegen Kinder verboten sei. Daraufhin wurde es in der Klasse ganz still, und ein Kind fragte, ob dies auch für seinen Vater gelte. Ihr Sohn sagte damals „natürlich, niemand darf dich schlagen!“ Und das andere Kind erwiderte: „aber natürlich darf er das, er ist doch mein Vater.“.
Dass auch heute, im Jahr 2018, Kinder es als selbstverständlich hinnehmen müssen, dass ihre Eltern sie schlagen, ist in meinen Augen nicht nur nicht hinnehmbar, es ist ein Skandal. Skandalös ist in auch, dass im Jahre 2018 eine Dokumentation wie „Elternschule“ von namenhaften Medien wie die Zeit, dem Hamburger Abendblatt und dem Spiegel gefeiert wird. Physische und psychische Gewalt wurden hier als Erziehungsmaßnahme verharmlost und ein Ende der „verweichlichten“ Erziehung gefordert.
Ständig erlebe ich, dass wir in Deutschland mit den Kinderrechten noch nicht so weit sind, wie wir es sein müssten. Wenn ein Kind zwei Monate lang nicht von der Intensivstation entlassen wird und damit seelischer Vernachlässigung ausgesetzt wird, weil die Eltern gerade keine Lust auf ein krankes Kind haben. Und dieses Kind nicht die Chance auf altersgerechte Ansprache und seelische Fürsorge bekommt, weil die Eltern einer Unterbringung in eine Kurzzeitpflege nicht zustimmen. Wenn bei scheinbar eindeutiger Kindeswohlgefährdung aufgrund einer ständigen Retraumatisierung durch die pure Anwesenheit des, wegen Körperverletzung an der Mutter verurteilten, Vaters von Seiten des Jugendamtes keine Gefährdungseinschätzung vorgenommen wird, weil das Wohl der Mutter über das der Kinder gestellt wird. Wenn ein Kind mundtot gemacht wird, oder mir als fremder Person mehr vertraut, als seinen Eltern.
Das alles sind klare Indizien dafür, dass nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland die Frage diskutiert werden muss, wie es denn mit Kinderrechten weitergehen soll. Kurzfristig bedarf es hier auf jeden Fall einer Stärkung der Jugendämter um die bisherigen Rechte besser umsetzen zu können, außerdem benötigen wir mehr und nachdrücklichere Aufklärung der Eltern zur Gewaltprävention. Hierzu fordern die Jusos Schleswig-Holstein einen verpflichtenden Säuglingspflegekurs, der neben der Säuglingspflege auch die Themen Gewalt in der Erziehung und schädliche Substanzen in der Schwangerschaft thematisieren soll.
Seit über 25 Jahren gibt es außerdem Bestrebungen die UN-Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen. Erst wenn das passiert ist haben wir eine Chance, dass das Wohl des Kindes gleichberechtigt zu dem Wohl der Eltern berücksichtigt werden muss und es somit im letzten Winkel der Republik ankommt, dass Kinder keine minderwertigen Menschen sind.
Genau wie in Deutschland wird auch in Frankreich Gewalt in der Erziehung immer noch nicht als solche unter Strafe gestellt, wird dann aber wenigstens als Körperverletzung gewertet. Daher ist dieser Gesetzestext auch als unzureichend zu kritisieren, genau wie die bisherige Gesetzeslage in Deutschland. Denn häusliche Gewalt ist niemals nur eine Körperverletzung, sie verletzt das Urvertrauen des Kindes gegenüber seinen Eltern und stellt daher eine besonders schwere Form von Gewalt dar.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten betrachten wir es als unserer Aufgabe uns für den Schutz von Menschen einzusetzen, die sich nicht für sich selbst einsetzen können. Und wer repräsentiert diese Gruppe besser als unsere Kinder?
Die Juso-Landeskonferenz möge beschließen:
Die Jusos Schleswig-Holstein setzen sich dafür ein und fordern den SPD-Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion auf, sich auf europäischer Ebene für ein Maßnahmenpaket ein, dass darauf abzielen soll, die Infrastruktur insbesondere in konjunkturschwachen Staaten zu fördern und gleichzeitig den zunehmenden chinesischen Einfluss auf Infrastrukturprojekte in solchen Staaten zu schwächen. Dieses Paket soll konkret aus den folgenden Maßnahmen bestehen:
- Eine EU-Verordnung, die Investitionen in Infrastrukturprojekte aller Art in EU-Staaten durch Unternehmen, die im Eigentum ausländischer Staaten stehen, sowie außereuropäischer Staatsfonds und staatliche Kreditinstitute, von der Genehmigung der Europäischen Kommission durch Mehrheitsentscheid abhängig macht („Screening-Verordnung“). Sollte sich herausstellen, dass keine der derzeit bestehenden EU-Kompetenzen ausreicht, um eine solche Verordnung zu erlassen, soll hierfür der AEUV geändert werden
- Einrichtung eines Europäischen Infrastrukturministeriums, bei dem die Einzelstaaten für sie besonders bedeutende Verkehrsprojekte zur Förderung anmelden können; das Ministerium stellt dann in regelmäßigen Abständen einen Plan mit Projekten auf, die mit europäischer Förderung realisiert werden können; der bisherige EU-Verkehrskommissar soll als europäischer Infrastrukturminister den Vorsitz des Ministeriums übernehmen
- Gegenfinanzierung dieser Förderung durch die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer sowie durch Einführung von Europäischen Staatsanleihen, welche unter Auflagen für die Eurostaaten möglich werden sollen (siehe AS 3 der o. LaKo 2017)
Begründung:
Zahlreiche Staaten in Süd- und Osteuropa haben Probleme mit unzureichend ausgebauter Infrastruktur. Derzeit bemühen sich chinesische Staatsunternehmen vermehrt darum, diese Investitionslücken im Rahmen der globalen „Seidenstraßen-Initiative“ zu schließen. Seit Beginn der Eurozone hat China sein Investitionsvolumen in der EU verfünfzehnfacht, letztes Jahr wurden auf einem Gipfel der „16+1“-Gruppe (sechzehn europäische Staaten und China) in Budapest zahlreiche Verträge unterzeichnet, die chinesische Investitionen u.a. in eine Eisenbahnverbindung Budapest-Belgrad beinhalten. Forbes bezeichnete den Gipfel als „China’s Bid to buy Eastern Europe on the Cheap“[1]. Diese Investitionsoffensive stellt offenkundig einen Versuch Chinas dar, sich die ökonomische Kontrolle über Teile Europas anzueignen. Dies geht einher mit politischer Kontrolle: Im Sommer 2017 blockierte beispielsweise Griechenland, dessen Häfen zum Teil chinesischen Staatsunternehmen verkauft wurden, eine Erklärung der EU, die Kritik an der schlechten Menschenrechtslage China üben sollte[2]. Diese Entwicklung muss gestoppt werden, wenn die Fliehkräfte innerhalb der Union nicht von China ins Unendliche beschleunigt werden sollen. Eine stärkere Investitionskontrolle durch eine Screening-Verordnung ist hierzu ein angemessenes Mittel.
Klar ist zudem, dass die Investitionslücken in der EU stattdessen auf solidarische Weise geschlossen werden müssen. Hierfür soll ein Europäisches Infrastrukturministerium geschaffen werden, das Förderungswürdige Projekte definiert und die Geldmittel bereitstellt. Zur Finanzierung soll u.a. die Finanztransaktionssteuer dienen, welche große Summen Geld aus der Ebene des reinen Wettgeschäfts am Derivatemarkt in die Sphäre der Realwirtschaft zurückbringen kann, in dem diese in die Strukturfonds der EU geleitet werden.
[1] https://www.forbes.com/sites/salvatorebabones/2017/11/27/chinas-bid-to-buy-eastern-europe-on-the-cheap-the-161-group/#762b6d603467
[2] http://www.zeit.de/politik/2017-11/neue-seidenstrasse-china-handel-europa-xi-jinping-investition
Die Jusos S-H fordern die Genoss*innen in der Bundestagsfraktion auf und setzen sich selbst dafür ein, die Schaffung eines neuen Straftatbestandes im StGB voranzutreiben, der die Gründung von oder die Mitgliedschaft in Organisationen unter Strafe stellt, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland zu bestreiten oder sie sich selbst anzumaßen und die staatlichen Organe der Bundesrepublik an der Wahrnehmung dieser Hoheitsrechte zu hindern. Als Strafmaß kommen eine Geldstrafe oder eine geringe Haftstrafe in Betracht. Als Inspiration möge der neue § 246a des österreichischen StGB (siehe unten, Begründung) dienen.
Begründung:
„Staatsfeindliche Bewegungen § 246a.
(1) Wer eine Bewegung gründet oder sich in einer solchen führend betätigt, die darauf ausgerichtet ist, die Hoheitsrechte der Republik Österreich, der Bundesländer oder der Gemeinden und ihrer Organe nicht anzuerkennen oder sich solche Hoheitsbefugnisse selbst anzumaßen und deren wenn auch nicht ausschließlicher Zweck es ist, auf gesetzwidrige Weise die Vollziehung von Gesetzen, Verordnungen, oder sonstigen Entscheidungen der Behörden zu verhindern, ist, wenn sich diese Ausrichtung in einer Handlung gegenüber einer Behörde für diese eindeutig manifestiert hat, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Wer an einer solchen Bewegung teilnimmt oder sie mit Geldmitteln oder sonst in erheblicher Weise unterstützt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
(3) Nach den vorstehenden Absätzen ist nur zu bestrafen, wer nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.
(4) Eine Bewegung ist eine größere Zahl von Menschen, die auf die gleiche Gesinnung oder das gleiche Ziel ausgerichtet ist.
(5) Nach Abs. 1 und 2 ist nicht zu bestrafen wer sich aus der Bewegung erkennbar zurückzieht, bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat.“
In den letzten Jahren sind die „Reichsbürger“, eine Spielart von Rechtsextremen, die die Bundesrepublik Deutschland für illegitim, ein Besatzungskonstrukt bzw. teilweise sogar für eine GmbH halten, aufgrund deutlichen Zulaufs immer mehr in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Schätzungen gehen über 10.000 Mitgliedern im ganzen Bundesgebiet aus.[1] Reichsbürger erkennen die BRD nicht an und fühlen sich an die Gesetze nicht gebunden, sie streben meistens eine Neuerrichtung des Kaiserreiches oder des Dritten Reiches an oder versuchen durch Sezession eigene Staaten zu gründen.[2] Zuletzt gab es aus dieser Szene immer wieder gewalttätige Ausschreitungen, im April 2017 wurde ein Polizist von einem Reichsbürger ermordet[3].
Nach den bestehenden Strafgesetzen können Reichsbürger, bevor sie Gewalttaten begehen oder sich sonstiger Straftaten schuldig machen, nur belangt werden, wenn sie ihre Organisationen explizit mit dem Ziel der Begehung von Straftaten gründen, die mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren im Höchstmaß bedroht sind (§ 129 I StGB). Solange sie aber nur ihre verschwörungstheoretische Propaganda verbreiten und den Staat leugnen, droht ihnen keine Strafe. Dies trägt nicht nur zu ungehemmtem Wachstum der Szene und zur gewaltbereiten Radikalisierung der bereits Rekrutierten bei, die lange völlig straflos bleiben können.
Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. Wenn wir Rechtsextremismus wirksam bekämpfen wollen, müssen wir auf diese neue Erscheinungsform reagieren. Daher sollte Deutschland sich ein Beispiel an der letzten sozialdemokratisch geführten Großen Koalition in Österreich nehmen, die vergangenes Jahr den obigen Straftatbestand, der explizit auf Reichsbürger zugeschnitten ist, eingeführt hat.
[1] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/verfassungsschutz-rund-10-000-reichsbuerger-in-deutschland/19302190.html
[2] http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/die-gefahr-der-reichsbuerger-szene-14427892.html
[3] http://www.n-tv.de/politik/Reichsbuerger-wegen-Mordes-angeklagt-article19780303.html